Internationales Artists in Residence Projekt in Vordernberg zur Transformation eines postindustriellen Raums
Projektdauer 2025
Einführung Vordernberg
Seit seinem Entstehen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war Vordernberg eine Siedlung, in der die Eisenbauern bzw. später die Radmeister genannten Gewerken und die Berg- und Hüttenarbeiter, die Fuhrleute und verschiedene Handwerker und Händler mit ihren Familien wohnten und arbeiteten.
Ein großer Teil des am nahen Steirischen Erzberg abgebauten Erzes wurde hier zu Roheisen geschmolzen. Als ein Zentrum der Roheisenerzeugung war Vordernberg jahrhundertelang einer der bedeutendsten Industrieorte in Mitteleuropa. Seit der Einstellung im Jahre 1922 der mittels Holzkohlehochöfen betriebenen Eisenerzeugung und der Verlagerung der Roheisenproduktion vor allem nach Leoben-Donawitz, ist Vordernberg ein schrumpfender Ort mit vielen Relikten aus seiner industriellen Vergangenheit.
Das Leben in den Orten Vordernberg und Eisenerz war ganz und gar dem Erzabbau verpflichtet. Über 5 000 Menschen haben bis 1986 im Bergbau gearbeitet, heute ist die Situation völlig anders: Rund 250 Menschen sind noch im Bergbau beschäftigt. Diese Veränderung wird an den vielen leerstehenden Wohnhäusern, Geschäften und Gasthäusern sichtbar und prägt den Charakter des schönen, aber leeren alten Ortes. Auch das soziale Zusammenleben veränderte sich. Durch die Industrialisierung des Bergbaus schwanden die Möglichkeiten für die Menschen vor Ort zu arbeiten und zu leben. Dennoch hat die Region großes Potential mit seiner reichhaltigen Geschichte, Landschaft und Tradition ein Raum für zeitgenössische Kunstproduktion zu werden, in dem sich die Bevölkerung kreativ einbringen kann, und sich als neuer mythologischer Kraftort zu definieren.
Eisen ist ein Material, das in hoher Qualität weltweit verarbeitet wurde, und dessen Abbau mit starken Traditionen verbunden ist, die bis heute gepflegt werden. Der Beruf des Eisenabbaus kam vorwiegend den Bergmännern zu, aber auch Frauen nahmen insbesondere in der Trennung des Eisens vom tauben Gestein eine wichtige Rolle ein. Durch die schwere und harte Arbeit bildete sich eine große Solidarität untereinander. Die gefährlichen Arbeitsvorgänge im Bergbau sind unmittelbar mit dem Schutz der Heiligen Barbara verbunden. Bergmannslieder schildern die Arbeit der Bergleute, raffiniert einfache Eisenkreuze, Werkzeuge und Monstranzen weisen auf die Bedeutung des Materials Eisen hin. Seit 2018 gilt das obersteirische Bergmannsbrauchtum als immaterielles UNESCO-Weltkulturerbe.
MYTHOS ERZ Zukunft Vordernberg
2024 fand zum ersten Mal das internationale Artists in Residence Projekt „MYTHOS ERZ – Vordernberg“ statt. Dabei stellte sich heraus, dass die Teilnahme der Bevölkerung von großem Interesse begleitet war, der Ort Vordernberg interessante Ressourcen an Arbeitsräumen, Werkstätten und Ausstellungsräumen bietet, die reiche industrielle Kulturgeschichte bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist, und seitens der Gemeinde Vordernberg und des Radwerks IV eine Fortsetzung begrüßt wird. Insbesondere ist dazu die Einbeziehung der jungen Menschen von Vordernberg und Umgebung wichtig, da die neue Identifikation mit dem Ort Vordernberg und dessen Geschichte der großen Abwanderungsbewegung entgegenwirken und neue Impulse zur Entwicklung des Ortes geben kann.
Arbeitsweise und Ziele des Projekts
Der Fokus des internationalen Artists in Residence Projektes liegt auf dem Material Eisen mit den verschiedenen Aspekten:
Vordernberg als postindustrieller Ort mit großer industrieller und kulturhistorischer Vergangenheit stellt dem zeitgenössischen Kunstschaffen folgende Fragen:
Die eingeladenen Künstlerinnen und Künstler aus den Ländern Österreich, Kroatien, Mexiko und USA nehmen am internationalen Artists in Residence Projekt teil. Neue Kunstwerke entstehen in Verbindung mit lokalen Handwerker:innen, der Einbeziehung von Schüler:innen, dem Knappenverein, Diskussionen, anthropologischer Forschung und öffentlichen Performances. Dabei werden der Ort Vordernberg, dessen Geschichte und kulturhistorische Bedeutung, der Bergbau, die Landschaft und die sozialen Lebensverhältnisse der Menschen in den Mittelpunkt gestellt. Die Begegnung mit den vor Ort lebenden Menschen spielt dabei eine zentrale Rolle. Ziel des Projektes ist es, mit zeitgenössischer Kunst Impulse für die Entwicklung des postindustriellen, ländlichen Raumes Vordernberg zu setzen.
Arbeitsorte für die Künstler:innen in Vordernberg
Teilnehmende Künstler:innen
Johann Dorfmeister (A)
Luise Kloos (A)
Karl Klucsarits (A)
Leonardo Martínez (MX)
Raphaela Nadja Miklauc (A)
Ivana Šerić (HR)
Johannes Schweighofer (A)
Sara Škrlec (HR)
Josip Zanki (HR)
3. und 4. Klassen der Peter Rosegger VS Trofaiach
Teilnehmende Schulen
Es werden im Zusammenhang mit dem Projekt „Mythos Erz“ ausdrücklich Kinder der Region eingeladen, um unter künstlerischer Anleitung im Radwerk IV zu zeichnen und auch die Eisenbearbeitung in der Lehrfrischehütte kennenlernen und ausprobieren. Ausgewählte Arbeiten der Kinder werden in der Ausstellung im Radwerk IV präsentiert.
Musik
Kompositionsauftrag an Anselm Schaufler, ausführende Musiker:innen aus dem Raum Vordernberg
Literatur
Text von Peter Gruber gelesen von Wolfram Berger
Projektassistenz
Marie Maierhofer
Projektleitung
Luise Kloos
Kooperation
Freundeskreis Radwerk IV, Peter Rosegger Volksschule Trofaiach, Kulturvermittlung Steiermark, Knappschaftsverein Vordernberg, Goldhaubengruppe Vordernberg, Freiwillige Feuerwehr Vordernberg
Finanzierung
Land Steiermark Kultur, Gemeinde Vordernberg
Organisation
next – Verein für zeitgenössische Kunst