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MYTHOS ERZ Zukunft Vordernberg

Internationales Artists in Residence Projekt in Vordernberg zur Transformation eines postindustriellen Raums

Projektdauer 2025

  • Artist in Residence: 08.07.2025 – 20.07.2025 in Vordernberg
  • Schulprojekt: 16.06.2025 – 27.06.2025 sowie 2 Workshoptage 14. und 15.07.2025
  • Ausstellungseröffnung: 19.07.2025, 19 Uhr, Radwerk IV und Ort Vordernberg; mit Beteiligung der Knappschaft Vordernberg, Goldhaubengruppe Vordernberg, Freiwillige Feuerwehr Vordernberg
  • Ausstellungsdauer: 19.07.2025 – 25.10.2025 – jeden Samstag um 14 Uhr gibt es eine Führung im Radwerk IV
  • Finissage: 25.10.2025, 11 Uhr

Einführung Vordernberg
Seit seinem Entstehen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war Vordernberg eine Siedlung, in der die Eisenbauern bzw. später die Radmeister genannten Gewerken und die Berg- und Hüttenarbeiter, die Fuhrleute und verschiedene Handwerker und Händler mit ihren Familien wohnten und arbeiteten.

Ein großer Teil des am nahen Steirischen Erzberg abgebauten Erzes wurde hier zu Roheisen geschmolzen. Als ein Zentrum der Roheisenerzeugung war Vordernberg jahrhundertelang einer der bedeutendsten Industrieorte in Mitteleuropa. Seit der Einstellung im Jahre 1922 der mittels Holzkohlehochöfen betriebenen Eisenerzeugung und der Verlagerung der Roheisenproduktion vor allem nach Leoben-Donawitz, ist Vordernberg ein schrumpfender Ort mit vielen Relikten aus seiner industriellen Vergangenheit.

Das Leben in den Orten Vordernberg und Eisenerz war ganz und gar dem Erzabbau verpflichtet. Über 5 000 Menschen haben bis 1986 im Bergbau gearbeitet, heute ist die Situation völlig anders: Rund 250 Menschen sind noch im Bergbau beschäftigt. Diese Veränderung wird an den vielen leerstehenden Wohnhäusern, Geschäften und Gasthäusern sichtbar und prägt den Charakter des schönen, aber leeren alten Ortes. Auch das soziale Zusammenleben veränderte sich. Durch die Industrialisierung des Bergbaus schwanden die Möglichkeiten für die Menschen vor Ort zu arbeiten und zu leben. Dennoch hat die Region großes Potential mit seiner reichhaltigen Geschichte, Landschaft und Tradition ein Raum für zeitgenössische Kunstproduktion zu werden, in dem sich die Bevölkerung kreativ einbringen kann, und sich als neuer mythologischer Kraftort zu definieren.

Eisen ist ein Material, das in hoher Qualität weltweit verarbeitet wurde, und dessen Abbau mit starken Traditionen verbunden ist, die bis heute gepflegt werden. Der Beruf des Eisenabbaus kam vorwiegend den Bergmännern zu, aber auch Frauen nahmen insbesondere in der Trennung des Eisens vom tauben Gestein eine wichtige Rolle ein. Durch die schwere und harte Arbeit bildete sich eine große Solidarität untereinander. Die gefährlichen Arbeitsvorgänge im Bergbau sind unmittelbar mit dem Schutz der Heiligen Barbara verbunden. Bergmannslieder schildern die Arbeit der Bergleute, raffiniert einfache Eisenkreuze, Werkzeuge und Monstranzen weisen auf die Bedeutung des Materials Eisen hin. Seit 2018 gilt das obersteirische Bergmannsbrauchtum als immaterielles UNESCO-Weltkulturerbe.

MYTHOS ERZ Zukunft Vordernberg
2024 fand zum ersten Mal das internationale Artists in Residence Projekt „MYTHOS ERZ – Vordernberg“ statt. Dabei stellte sich heraus, dass die Teilnahme der Bevölkerung von großem Interesse begleitet war, der Ort Vordernberg interessante Ressourcen an Arbeitsräumen, Werkstätten und Ausstellungsräumen bietet, die reiche industrielle Kulturgeschichte bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist, und seitens der Gemeinde Vordernberg und des Radwerks IV eine Fortsetzung begrüßt wird. Insbesondere ist dazu die Einbeziehung der jungen Menschen von Vordernberg und Umgebung wichtig, da die neue Identifikation mit dem Ort Vordernberg und dessen Geschichte der großen Abwanderungsbewegung entgegenwirken und neue Impulse zur Entwicklung des Ortes geben kann.

Arbeitsweise und Ziele des Projekts
Der Fokus des internationalen Artists in Residence Projektes liegt auf dem Material Eisen mit den verschiedenen Aspekten:

  • Der Ort: Die Arbeit mit dem öffentlichen Raum, mit der Geschichte, den Traditionen, sozialen Aspekten und der Bevölkerung, die in die künstlerische Arbeit einbezogen wird
  • Kunstpraxis: Verschränkung zeitgenössischer Ideen und digitaler Technologie mit traditioneller Handwerkskunst der Eisenverarbeitung
  • Theoretische Reflexion kulturanthropologischer Fragestellungen

Vordernberg als postindustrieller Ort mit großer industrieller und kulturhistorischer Vergangenheit stellt dem zeitgenössischen Kunstschaffen folgende Fragen:

  • Kann die Fähigkeit der Kunst, tiefe Wahrnehmung und nachdenkliche Zuneigung zu ermöglichen, eine Rolle dabei spielen, wie wir dem Ort und der Landschaft begegnen, in der wir leben?
  • Kann zeitgenössische Kunst einer nun zu Ende gehenden, sich erschöpfenden Landnutzung neue Perspektiven geben?
  • Können künstlerische Arbeiten und Praktiken, Diskussionen und theoretische Überlegungen zu einem stilleren, demütigeren Umgang mit dem Raum und der Landschaft ermutigen?
  • Welche Rolle nehmen Frauen für die Transformation des postindustriellen Raumes im Dialog mit zeitgenössischer Kunst ein?
  • Kann die Identifikation mit dem regionalen Raum durch die Beteiligung und Einbeziehung von jungen Menschen in künstlerische Prozesse entwickelt werden?
  • Wie kann zeitgenössische Kunst in einem postindustriellen Raum kulturelles Leben neu entstehen lassen?

Die eingeladenen Künstlerinnen und Künstler aus den Ländern Österreich, Kroatien, Mexiko und USA nehmen am internationalen Artists in Residence Projekt teil. Neue Kunstwerke entstehen in Verbindung mit lokalen Handwerker:innen, der Einbeziehung von Schüler:innen, dem Knappenverein, Diskussionen, anthropologischer Forschung und öffentlichen Performances. Dabei werden der Ort Vordernberg, dessen Geschichte und kulturhistorische Bedeutung, der Bergbau, die Landschaft und die sozialen Lebensverhältnisse der Menschen in den Mittelpunkt gestellt. Die Begegnung mit den vor Ort lebenden Menschen spielt dabei eine zentrale Rolle. Ziel des Projektes ist es, mit zeitgenössischer Kunst Impulse für die Entwicklung des postindustriellen, ländlichen Raumes Vordernberg zu setzen.

Arbeitsorte für die Künstler:innen in Vordernberg

  • Radwerk IV – Objekte und Installationen
  • Lehrfrischhütte für die Metallbearbeitung
  • Altes Schulhaus bietet Atelierräume
  • Kastenhaus – Präsentationsort aller Schüler:innen Arbeiten
  • Kunstwerke im Ort (Skulpturen und Objekte)
  • Dokumentation des Projektes in Katalog und evtl. Video (DE und EN)
  • Präsentation der Kunstwerke vor Ort, mit Musik- und Literaturperformances und kunsthistorischer Einführung
  • Eröffnung am 19.7.2025 mit Präsentation der Arbeiten der bildenden Kunst, Knappschaftsverein Vordernberg, Goldhaubengruppe Vordernberg
  • Finissage am 25.10.2025 mit Uraufführung der Komposition von Anselm Schaufler und einer Lesung des neu erstellten Textes zum Projekt von Peter Gruber, gelesen von Wolfram Berger

Teilnehmende Künstler:innen

Johann Dorfmeister (A)
Luise Kloos (A)
Karl Klucsarits (A)
Leonardo Martínez (MX)
Raphaela Nadja Miklauc (A)
Ivana Šerić (HR)
Johannes Schweighofer (A)
Sara Škrlec (HR)
Josip Zanki (HR)
3. und 4. Klassen der Peter Rosegger VS Trofaiach

Teilnehmende Schulen

  • Volksschule Peter Rosegger Trofaiach
  • Ferienspaß Trofaiach

Es werden im Zusammenhang mit dem Projekt „Mythos Erz“ ausdrücklich Kinder der Region eingeladen, um unter künstlerischer Anleitung im Radwerk IV zu zeichnen und auch die Eisenbearbeitung in der Lehrfrischehütte kennenlernen und ausprobieren. Ausgewählte Arbeiten der Kinder werden in der Ausstellung im Radwerk IV präsentiert.

Musik
Kompositionsauftrag an Anselm Schaufler, ausführende Musiker:innen aus dem Raum Vordernberg

Literatur
Text von Peter Gruber gelesen von Wolfram Berger

Projektassistenz
Marie Maierhofer

Projektleitung
Luise Kloos

Kooperation
Freundeskreis Radwerk IV, Peter Rosegger Volksschule Trofaiach, Kulturvermittlung Steiermark, Knappschaftsverein Vordernberg, Goldhaubengruppe Vordernberg, Freiwillige Feuerwehr Vordernberg

Finanzierung
Land Steiermark Kultur, Gemeinde Vordernberg

Organisation
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